Sozialer Wohnungsbau
Entstanden 1982—1986
Seit 2020 als Baudenkmal und Gartendenkmal gelistet
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Architektur:
Herman Hertzberger
Mosaik Hofgarten:
Akelei Hertzberger
Skulptur Hofgarten:
Frieda Ysebaert
Gestaltung und Pflege der Gärten
Die Selbstbauerinnen
Kontaktarchitektin:
Inken und Hinrich Baller
Bauherr:
Wohnbau Nord GmbH
Grundstück:
Land Berlin
IBA Bauaustellung Berlin GmbH:
Dr. R. Emenlauer, H. Machleidt
Selbstbaubetreuung und Generalmieterin:
Selbstbaugenossenschaft Berlin eG
Selbstbaugenossenschaft Vorstand 1984:
Johannes Bense, Andreas Kindt, Georg Knacke
Selbstbauleitung:
Reinhard Sappok und Jürgen Peters-Hünting
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Lindenstraße 82—84
Markgrafenstraße 5—8
Berlin, Kreuzberg
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Erster Berliner Architekturpreis 1989
Die Lima Wohnhof Initiative setzt sich für die Instandhaltung, eine nachhaltige Entwicklung und für die Vermittlung des demokratischen Erbes des LiMa Wohnhof ein. LiMa ist nicht nur gelungene nützliche Architektur, sondern LiMa ist die Geschichte einer selbstbestimmten, demokratischen Erfahrung aus den sozialen Bewegungen der 1980er Jahre in Westberlin. Leute mit wenig Geld schufen sich gemeinsam ein sicheres Zuhause. LiMa ist die Geschichte einer gemeinsam gestalteten Demokratie in der Nachkriegsperiode Westberlins, eine Geschichte der Überwindung von Diktatur und Teilung in der Stadt und in uns.
Der LiMa Wohnhof liegt auf einem spitzwinkligen Grundstück zwischen Linden- und Markgrafenstraße in der südlichen Friedrichstadt in Berlin Kreuzberg zwischen Checkpoint Charlie und dem Halleschen Tor. Nicht weit entfernt steht das ehemalige Kammergerichtsgebäude, das heute das Jüdische Museum beherbergt.
Der D-förmige Baukörper nimmt an seinen Eckpunkten die Höhe der benachbarten Bebauung auf, und wurde dann auf drei Geschosse abterrassiert um den Block im Halbrund zu schließen. Die Wohnanlage ist durch große Balkone aufgelockert und durch mehrere Treppenhäuser gegliedert, die zugleich Durchgangsmöglichkeiten zum innenliegenden Hofgarten — in dem ein Kinderspielplatz angelegt wurde — bieten.
Der Bauentwurf wurde im Auftrag der Internationalen Bauausstellung Berlin 1987 vom niederländischen Architekten Herman Hertzberger entwickelt. Der architektonische Strukturalismus mit partizipatorischem Ansatz von Herman Hertzberger ging bei LiMa mit experimentellen Selbstbau und Selbstverwaltung einher. Die zukünftigen Nutzer bauten ihren Wohnungen selbst aus und senkten so dauerhaft den Mietpreis (Muskelhypothek). Die Berliner Kontaktarchitekten waren Inken und Hinrich Baller. Das Projekt umfasst 48 Wohnungen im sozialen Wohnungsbau im 2. Förderweg.
Entwickung:
Am 31. Dezember 2011 endete der Generalmietvertrag mit der Selbstbaugenossenschaft Berlin (SBG). Damit endete die genossenschaftliche Bindung und Verwaltung. Der Wohnhof wurde nun wieder direkt von der Eigentümerin, der Wohnbau Nord (WBN), betreut. Im April 2018 erfolgte der Verkauf des Hauses an die kommunale Wohnungsbaugesellschaft des Landes Berlin Wohnbau Mitte mbH (WBM). Die 48 Wohnungen wurden im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus errichtet. Die Eigenschaft „öffentlich gefördert“ für die 48 Wohnungen endet voraussichtlich mit Ablauf des 31.12.2030.
Im Jahr 2020 gründeten wir die Climate Initiative. Unsere Kampagne Climate change – we can-do something! ist seit dem 23.02.2025 online.
Für Herman Hertzberger sind öffentlich und privat keine eindeutigen Gegensätze, sondern sich graduell unterscheidende räumliche Eigenschaften, die sich durch die Zugänglichkeit und die Zuständigkeit definieren und in denen es Zwischenzonen gibt, die Spielräume ermöglichen. Ebenso vermeidet er Funktionen als geschlossene Einheiten, sondern schafft offene Verbindungen und Vernetzung. Dadurch entstehen Berührungsflächen und weniger vorprogrammierte Bereiche als Räume für das nicht Vorausgedachte. Ein Beispiel dafür sind die „Windfänge“, mit denen die Nutzer sehr unterschiedlich umgehen von der Schließung der Glasflächen bis hin zur Gewährung eines ersten kleinen Einblicks in ihr privates Leben.
— Inken Baller
@Ulrich Horb
Der LiMa Wohnhof war eines der ersten Projekte der neugegründeten Selbstbaugenossenschaft Berlin eG. Das Ziel lag in der Schaffung von bezahlbarem, selbstverwalteten und langfristig sicherem, sozial gebundenem Wohnraum.
Der LiMa Wohnhof entstand als Projekt der Internationalen Bauausstellung Berlin 1987 im Rahmen eines Bauherren-/Bauträgerwettbewerbes. Die Selbstbau eG trat als Generalmieter über 20 Jahre auf und erbrachte 5% der Baukosten. Anstelle von kaum vorhandenem Eigenkapital der Selbstbau eG diente zur Finanzierung die sogenannte „Muskelhypothek“. Das heisst, es wurden Arbeitsleistungen in Selbsthilfe erbracht.
Mit den so eingesparten Lohn- u. Kreditkosten wurde die Kostenmiete dauerhaft gesenkt. Dazu erledigten die Genossen und künftigen Mieter unter fachlicher Anleitung viele Finish- und Ausbauarbeiten wie Einbau von Küchen, Regalen, Fensterbrettern, Türen, Verlegen von Böden, Platten, Fliesenlegen, Malerarbeiten innerhalb und außerhalb der Wohnungen sowie Arbeit an den Außenanlagen.
Mit diesem Modell konnten die Mieter als Genossenschaftsmitglieder der Selbstbau eG den LiMa Wohnhof selbstbestimmt bewirtschaften und verwalten. Johannes Bense
Das richtige strukturelle Prinzip schränkt die Freiheit nicht ein, sondern steigert sie!
Herman Hertzberger
Der Lima Wohnhof ist eine Wohnanlage in Berlin-Kreuzberg. Sie gilt als eines der wichtigsten Beispiele des Strukturalismus unter Einbindung von partizipatorischen Ansätzen. Seit seiner Errichtung in vielen Publikationen beschrieben und bis heute ein viel besuchtes Ziel von Architekturinteressierten aus aller Welt befindet sich der Lima Wohnhof seit langem in einem schlechten baulichen Zustand. Die wenigen Maßnahmen zur Erhaltung der Substanz wurden der Bedeutung der Wohnanlage mit ihren Gärten nicht gerecht.
Aus diesem Grund gründeten wir im Jahr 2016 eine Nachbarschaftsinitiative. Wir setzten uns erfolgreich für seine Eintragung in die Denkmalliste Berlin ein. (Eintragung als Bau- Gartendenkmal März 2020). Im Jahr 2022 stellten wir einen Antrag auf Verkehrsberuhigung (Umsetzung im Jahr 2024) und setzen uns aufgrund des Klimawandels und der daraus resultierenden Überhitzung in der Stadt für naturnahe und nachhaltige Stadtkonzepte ein (Stadtbiotop Südliche Friedrichstadt).
Der LiMa Wohnhof entstand 1984-86 im Selbstbau. (finish off – Arbeiten) Zur Erkundung der LiMa Selbstbaugeschichte starteten wir im Sommer 2022 dazu ein Oral History Projekt. Der LiMa Selbstbau mit Gründung der Selbstbaugenossenschaft Berlin e.G. verband sich kongenial mit der partizipatorischen Architektur Hertzbergers. Dabei hat der Selbstbau seine ganz eigene Geschichte. Die Selbstbau-Erfahrung in LiMa kann man schlaglichtartig auf dieser Website zum ersten Mal öffentlich dokumentiert finden.
Seit dem Jahr 2022 kultivieren wir nach dem Vorbild der italienischen Stadtpalais der Renaissance einen Zitrusgarten auf dem Dach von LiMa. Inzwischen ernten wir viele Kilos Zitronen und Bitterorangen und pflegen einen mediteranen Kräutergarten und Erdbeeren für die nachhaltige Küche in LiMa.
Im Jahr 2023 richteten wir unsere Ziele als Klima Initiative neu aus. Wir fordern und fördern für alle Bürgerinnen und Bürger in der Stadt Strukturen, die es ihnen ermöglichen, sich aktiv und konstruktiv mit den Herausforderungen des Klimawandels auseinanderzusetzen. Wir artikulieren hier den nachhaltigen Grundsatz „Erhalt und Entwicklung vor Abriss im Städtebau“. Wir setzen uns nicht nur für die Instandhaltung der partizipatorischen Architektur nach den Vorgaben des Denkmalschutzes ein, sondern wir geben auch Impulse für die Entwicklung der zu erhaltenden Häuser durch klimafreundliche, biodiverse und soziale Konzepte. Seit September 2023 sind wir online.
Im Jahr 2024 konzentrierten wir uns verstärkt auf Berliner Stadtgeschichte und Stadtplanung. Die Internationale Bauaustellung 1987 (IBA 87) wartete in der südlichen Friedrichstadt mit Demokratieformen auf, die es nicht nur vermochten, die sozialen Bewegungen der 1980er Jahre zu spiegeln und zu integrieren. Die Bau- und Gartengestaltungen, die sie schuf, sind Kulturdenkmäler eines geschichtsbewussten und demokratischen Bauens und Lebens in der europäischen Stadt nach ihrer Zerstörung, die uns bis heute inspirieren.
Caspar David Friedrich, Engel in Wolken schwebend; 1820: aus dem IBA Katalog 1987: „Idee – Prozess – Ergebnis. Die Reparatur und Rekonstruktion der Stadt.“
Es gilt nun das ideelle und materielle Erbe der IBA jetzt und in Zukunft stärker zu schützen und vor allem auch ihre ideellen Werte zu vermitteln.
Wir artikulierten in diesem Zusammenhang als Auftakt im Sommer 2024 einen Antrag auf Ensemble Schutz der Bebauung auf dem Block 30 (IBA Planung) als historisch gewachsene Einheit zur Sichtbarmachung und Erinnerung an die Kriegs- und Nachkriegsgeschichte Westberlins im 20. Jahrhundert, worin zentral als Endpunkt dieser Epoche die demokratische Architektur des LiMa Wohnhofs steht.
Wir denken Klimawandel, Geschichte und Demokratieentwicklung zusammen. Unsere Kampagne Climate change – we can-do something! ist seit dem 23.02.2025 online.
https://climate-change-we-can-do-something.org/
In einer immer komplexer werdenden globalen Welt stehen wir für ein freies, selbstbestimmtes sowie soziales und nachhaltiges Leben in der Stadt von morgen.
Verantwortlich: Gabriella Sarges
Die Übersetzung wurde von dem US amerikanischen Journalisten und Historiker Dr. Richard Campbell besorgt.
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